Darum will auch ich meinem Munde nicht wehren. Ich will reden in der Angst meines Herzens und will klagen in der Betrübnis meiner Seele. Hiob 7,11
In die Ritzen der Klagemauer von Jerusalem, werden Zetteln mit Wünschen, Gebeten und Danksagungen gelegt. Sie wird täglich von vielen Menschen besucht, die dort zu beten wollen. Die Klagemauer ist wie eine steinerne Bestätigung, dass Gott unser Klagen niemals lästig wird.
Vor über 30 Jahren, als mir meine sexuellen und körperlichen Misshandlungen wieder ins Bewusstsein kamen, habe ich viel mit Gott geredet und ihn gebeten, mich von meinen Depressionen, Panikattacken und Alpträumen zu heilen. Doch recht bald stellte sich für mich die Frage: Wie viel Klagen ist gut für mich? Gelingt es mir wirklich, mich damit von meiner Situation zu befreien? Oder habe ich währenddessen ein schlechtes Gewissen, das mir ein Stück Heilung, das die Klage ermöglichen könnte mir versperrt?
Ich hatte mich, nachdem ich Gott meine ganze Situation anvertraut hatte, freier gefühlt und erkannt, dass es viele Gründe gibt, dankbar zu sein und sich zu freuen. Wenn ich klage, dann überlasse ich Gott den Ausgang, dass er weiß, was für mich das Beste ist. Ich sage, was meine Seele, mein Herz bewegt. Ich klage, um die schwere Last abzulegen, die mich bedrückt.
Zum Beispiel so: Lieber Gott es ist folgende Situation entstanden, die mich mutlos und hoffnungslos macht. Meine Alpträume verfolgen mich in den Tag hinein. Du bist ein gnädiger und barmherziger Gott. Du möchtest, dass es mir gut geht. Ich weiß keinen Ausweg aus meiner Situation. Du hast sehr vielen Menschen auf dieser Erde geholfen, du kannst auch mir helfen; aber nicht so, wie ich es mir vorstelle, sondern, wie es nach deiner Meinung für mich am besten ist. Ich übergebe die Sache in deine Hand und warte, was du daraus machen wirst!
Klagen kann zu einem Segen werden, so habe ich es erlebt. Gott hat mir zwar nicht von meinen Befindlichkeiten geheilt, jedoch habe ich gelernt, damit zu leben und mich mit meinen Lebensumständen zu arrangieren.
Er möchte, dass wir mit unseren Sorgen und Nöten zu ihm kommen. Immer. „Und rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen.“ (Ps 50,15)